Mein Plädoyer für eine muss-freie Sprache – vor allem mit dir selbst!
„Was man alles muss, wenn man sichtbar ist.“
Pumuckl
Schon der kleine Klabautermann mochte nicht müssen. Als er seinen Meister Eder kennenlernt, wird er nicht nur sichtbar, er muss plötzlich auch frühstücken, duschen, schlafen gehen und vieles mehr – und zwar ganz egal, ob er Bock drauf hat, oder nicht.
Und irgendwie geht es uns doch ganz gleich – bis auf die Fähigkeit uns unsichtbar zu machen, wobei die eigne ich mir vielleicht auch noch an. Das mit dem Müssen ist so eine Sache, die mich schon lange beschäftigt. Spätestens aber ab jenem Zeitpunkt, an dem ich begonnen habe, mich mit der Auswirkung unserer Gedanken und unserer Sprache auf unser Verhalten zu beschäftigen. Als ich dann vor einigen Tagen in Claudia Kauscheders Abenteuer-Homeoffice-Newsletter über die Blogparade „Einen Scheiß muss ich“ von Elke Schwan-Köhr gestolpert bin, ist meine innere Schreibmaschine angesprungen.
Die Macht des Müssens
Hast du schon mal darauf geachtet, wie oft du täglich Sätze mit „müssen“ bildest? Ich muss noch staubsaugen, ich muss meine Buchhaltung machen, ich muss einkaufen, ich muss nur noch schnell … Und hast du dich auch schon mal gefragt, was davon du wirklich musst? Oder noch besser: Was davon willst du stattdessen eigentlich? Müssen hat immer so einen Beigeschmack von Fremdbestimmung. Irgendeine übergeordnete Macht will, dass ich meine schmutzige Unterwäsche in die Waschmaschine stopfe, meiner Tochter das Jausenbrot richte oder meine E-Mails beantworte.
Du willst es doch auch, oder?
Ja, ganz klar, manche Dinge sind tatsächlich Must-haves, die uns das Leben erleichtern. Oder unseren Mitmenschen. Denn Hand aufs Herz, ich würde es tatsächlich niemandem antun, mich in ungewaschener Unterwäsche zu erleben. Aber steckt hinter diesem Wunsch tatsächlich ein Muss? Oder ist es doch ein ich will? Für mich ist es ganz klar Zweiteres.
Und wenn das so ist, ja verdammt nochmal, wieso sagen oder denken wir es dann nicht auch so? Ich will dieses Kundenprojekt abschließen, damit mein Business wächst und gedeiht, ich will staubsaugen, weil mich ich nichts mehr hasse, als Krümel zwischen den nackten Zehen. Ja und ich will dieses Pausenbrot schmieren, weil ich mein Kind liebe und es gut genährt durch den Tag kommen soll.
Wie ein Will die Welt verändert
Es ist nur eine ganz kleine sprachliche Nuance, aber wird aus dem Muss ein „Will“, verändert das mental eine ganze Menge. Es gibt mir das Gefühl Herrin der Lage zu sein. Es macht mich stark und selbstbestimmt und es eröffnet mir auch die Möglichkeit, genauer zu hinterfragen, was ich eigentlich wirklich will und was eben nicht.
Ganz besonders bewusst wird mir das oft im Alltag mit meiner Lieblings-Mentaltrainerin, meinem Lebens-Coach und dem kleinen Spiegel meiner Wahrheit – meiner Tochter. Sie will Klarheit und zwar auf den Punkt. Sie verlangt nach Regeln und Richtlinien, schon alleine um dagegen anzukämpfen. Sie will dieses und jenes und zwar vehement, am besten hier und jetzt. Und ich? Ich muss mich äußern, sofort und auf der Stelle. Und ja, hier passt dieser Ausdruck.
Da ertappe ich mich dann gerne dabei, dass ich das Muss zur Ausrede mache. „Mama, gehen wir schwimmen?“, „Mama spielst du mit mir?“ … „Tut mir leid, ich muss noch ein E-Mail schreiben, ich muss jetzt die Wäsche aufhängen, ich muss jetzt mit Tante Erna telefonieren …“ Wo zum Teufel ist da mein Mumm, einfach zu sagen: „Ich hab jetzt keine Lust!“ oder „Ich will jetzt nicht, mir ist jetzt etwas anderes wichtiger!“
Ein Signal an uns selbst
Denn das ist doch auch eine Frage des Respekts, dem anderen gegenüber. Und noch viel wichtiger: Auch gegenüber uns selbst. Ersetzen wir das Muss in unseren Gedanken und in unserer täglichen Sprache ganz bewusst durch ein „Will“ , dann ist das ein Signal an uns selbst. Es bedeutet: Hey, ich respektiere deine Wünsche und deine Bedürfnisse. Du darfst auch mal nicht wollen! Es ist ok, wenn du keine Lust hast und du darfst auch ganz klar und deutlich sagen, was du willst!
Tja, daran muss ich wohl noch arbeiten, und du? 🙂
11 Kommentare. Hinterlasse eine Antwort
Wow, schöner Beitrag, liebe Margit. Daran will ich auch arbeiten.
Herzlichen Dank für diesen Impuls!
Schöne Grüße
Marta
Liebe Marta,
ich freu mich sehr, wenn meine Worte das Müssen in uns allen etwas ins rechte Licht rücken!
Viele liebe Grüße
Margit
Liebe Margit,
herrlich, was für ein toller Artikel! Die Anregung, das „Müssen“ zu hinterfragen, finde ich großartig. Und vielleicht kann man das auch mit anderen Wörtern und Begriffen noch machen, es gibt ja genug, die unser Denken beeinflussen. Nachdem ich neulich einem Kunden erklärt habe, dass das Wort „Problem“ nicht unbedingt sinnvoll ist, ertappe ich mich selbst immer wieder dabei zu sagen „Das ist eine Herasuforderung!“ Und damit gehe ich Dinge ganz anders an, die sonst zum Problem geworden wären, spielerischer, mit mehr Leichtigkeit.
Vielen Dank für diesen wunderbaren Beitrag zur Blogparade – ich wünsche mir, dass ihn ganz viele lesen und umsetzen!
Sonnige Grüße
Elke
Liebe Elke,
wie schön, dass dir mein Beitrag gefällt und danke nochmal für das tolle Thema deiner Blogparade! Es gibt noch so viele Aspekte in unserer Sprache, auf die wir achten können. Das Verneinen ist zum Beispiel so etwas: Wir sagen so gerne „nicht schlecht“ und wollen mit zwei negativen Worten etwas positives ausdrücken. Völlig verrückt, oder? Noch dazu, wo unser Gehirn Verneinungen überhaupt nicht verarbeiten kann. Wer’s nicht glaubt, der denkt jetzt bitte NICHT an einen rosaroten Elefanten!:)
Viele liebe Grüße
Margit
Hallo Margit,
wie schööööön 🙂 Die Assoziation mit Pumuckl lies mich wirklich lachen – eine schöne Erinnerung, die Du an den kleinen Klabautermann geweckt hast. Im Grunde genommen sind diese „Ich-Muss-Stimmen“ ja auch Klabautermann… die still zu kriegen ist eine Kunst 😉
Witzig, das Elkes Aufruf „Einen Scheiss muss ich!“ so viele Lacher in mir auslöst und schöne Erinnerungen weckt. Ich habe auch darüber geschrieben und unsere Sichtweise auf das Thema deckt sich ungemein.
Hat Spaß gemacht zu lesen.
Herzliche Grüße
Sandra
Liebe Sandra,
ach ich freu mich über deine Zeilen! Ja, der liebe Pumuckl, der hat es ganz oft sehr gut auf den Punkt gebracht und still zu kriegen war der nie! Ich schau gleich mal bei dir vorbei und freu mich auf deinen Beitrag zum Thema!
Viele liebe Grüße
Margit
Seeehr cool! Worte sind so kraftvoll, da ist es sehr gut auf die richtige Wortwahl zu achten und sich selbst immer mal wieder zu überprüfen. Danke für den guten Impuls!
Liebe Lisa,
vielen Dank für deine Zeilen. Oft sind wir uns gar nicht bewusst, was Worte bewirken können – vor allem, wenn wir mit uns selbst sprechen 😉
Viele liebe Grüße
Margit
Super Artikel!
Danke dir, liebe Gabi 🙂
[…] Margit Wickhoff hat mich in ihrem Artikel schon mit dem ersten Satz geködert – es ist ein Pumuckl-Zitat, so viel sei gesagt. Sie plädiert für eine muss-freie Sprache, eine Idee, die ich ganz großartig finde. Sie regt auch dazu an, uns bewusst mit den Auswirkungen unserer Gedanken und Sprache auf unser Verhalten zu beschäftigen. […]