Kennst du das? Du willst ein köstliches Essen für dich und deine Lieben zubereiten. Du wählst im Geschäft die besten Zutaten, trägst deinen Einkauf nach Hause. Du schnippelst mit Hingabe das Gemüse, du rührst und fügst zusammen, du führst jeden Schritt nach der Kochanleitung durch. Wenn alles fertig ist, richtest du dein Gericht liebevoll auf den Tellern an und setzt dich an den Tisch. Du nimmst den ersten Bissen und … irgendetwas fehlt. Deinem Gericht fehlt der Pepp, die Würze, es schmeckt irgendwie leer. Du merkst, dass auch deine Gäste nicht überzeugt sind und bist so richtig genervt, weil du dir so viel Mühe gegeben hast. Dabei weißt du zuerst nicht einmal woran es liegt: Vielleicht ist es das Salz, vielleicht hast du zu wenig Pfeffer verwendet oder gar eine Zutat vergessen? Du würzt nach, du probierst und siehe da: so schmeckt es gleich viel besser.
So ähnlich wie beim Kochen kann es dir auch mit deinen Texten gehen. Du machst dir Mühe, du nimmst dir Zeit, du formulierst und bringst deine Gedanken einen nach dem anderen zu Papier. Endlich ist dein Text fertig. Du liest ihn durch, aber irgendwie liest er sich nicht gut, er hakt, er hängt und holpert. Am liebsten würdest du ihn gleich in die Tonne leeren, aber bevor du das tust: Würze besser nach, überprüfe, ob du alle Zutaten hinzugefügt hast und gib deinem Text eine zweite Chance und glaube mir: Du kannst bessere Texte schreiben!
Achte dabei vor allem auf folgende Punkte:
Lange Sätze
Studien im Bereich der Kognitionswissenschaft haben gezeigt, dass unser Gehirn beim Lesen Sinn-Einheiten von etwa drei Sekunden bildet. Ein Inhalt muss also innerhalb von drei Sekunden für unser Gehirn erfassbar sein, damit der Lesefluss nicht gestört wird. Legt man diese Zeit auf Text-Zeichen um, ergibt sich für die optimale Satzlänge ein Wert von etwa 150 Zeichen. Das heißt: Entdeckst du in deinem Text Sätze, die sich über mehrere Zeilen schlängeln – kürze! Mach aus einem zwei oder bei Bedarf sogar drei Sätze.
Zielgruppengerechte Sprache
Du hast deine Sätze gekürzt? Sehr gut, aber noch nicht perfekt. Denn auch kurze Sätze können schwer verständlich sein. Schau also im zweiten Schritt darauf, ob du eine für deine Zielgruppe verständliche Sprache gewählt hast. Die „Transitionsphase“ ist vielleicht für eine Volksschuldirektorin ein verständlicher Begriff, ein Laie wird aber wahrscheinlich nicht gleich verstehen, dass es sich dabei um den Übergang vom Kindergarten in die Schule handelt. Im Zweifelsfall also besser auf Fremdwörter verzichten und verbreitete Ausdrücke wählen.
Tipp: Die Fach-Jargon-Falle lässt sich sehr leicht umgehen, indem du jemanden, der mit deinem Thema überhaupt nichts zu tun hat, bittest, deinen Text zu lesen. Versteht ein absoluter Laie deine Inhalte, bist du auf alle Fälle am richtigen Weg!
Substantivierung und Genitivkonstruktionen mit Substantiven
Die Instandhaltung erfolgt durch eine regelmäßige Wartung, die Erzeugung von Solarenergie bringt Ressourcenschonung … Werden Substantive zu häufig in einem Text eingesetzt und vielleicht auch noch mit einem Genitiv verbunden (z. B. die Nutzung der Einrichtung ist kostenpflichtig), wirkt das immer leicht abgehoben. Speziell in Fachtexten kommen solchen Substantiv-Konstruktionen häufig vor und lassen ohnehin komplexe Inhalte gleich noch einmal undurchsichtiger erscheinen. Daher: Versuche die „ungs“ dort wo es möglich ist zu vermeiden.
Tipp: Verben wie gewährleisten, dienen, sicherstellen oder erfolgen treten häufig in Verbindung mit Substantiven auf. Etwas dient der Verbesserung … einfacher ist es so: etwas verbessert …
Passiv-Konstruktionen
Passiv-Konstruktionen solltest du nur dann regelmäßig verwenden, wenn du deinem Leser vermitteln wirst: Ich hab mit diesem Text eigentlich gar nichts zu tun und das, was ich sage, meine ich nicht wirklich so. Als Beispiel: „Wir bringen unsere Erfahrung für Sie ein und setzen Ihre Vorstellungen um!“ klingt nach Engagement und Einsatz. Während „Ihr Auftrag wird nach Ihren Vorstellungen umgesetzt“ eher vermittelt: irgendwer, tut irgendwann irgendetwas. Also: Überprüfe, ob sich zu viele Passiv-Konstruktionen in deinem Text eingeschlichen haben und wähle, soweit möglich, aktive Formulierungen.
Lärmstangen-Reduktion
Ich hatte in meiner Zeit als Pressesprecherin beim Verbund die Möglichkeit ein Text-Training bei dem angesehen Journalisten, Autor und Kommunikationstrainer Paul Yvon zu besuchen. Er bezeichnet Ausrufungszeichen als Lärmstangen und ich finde diesen Ausdruck einfach genial. Denn Ausrufungszeichen sollen oft Ausdruck vermitteln, wo keiner ist. Wer stilistisch einwandfreie Texte verfassen möchte, setzt dieses Satzzeichen also sehr sparsam ein. Nicht einmal ein Imperativ verlangt unbedingt danach: „Kontaktieren Sie uns jederzeit für Fragen!“ Das geht auch ganz entspannt ohne Ausrufungszeichen: Kontaktieren Sie uns jederzeit für Fragen.
Floskel-Falle
Es gibt Ausdrücke, die so gebräuchlich sind, dass sie in die Kategorie „Floskeln“ fallen. „Für Fragen stehen wir Ihnen jederzeit gerne zur Verfügung“, „Wir danken für Ihr Verständnis“, „Für Speis und Trank ist gesorgt“. Der Vorteil an Floskeln ist, dass man nicht lange über sie nachdenken muss. Sie flutschen also quasi aufs Papier. Das bedingt aber auch ihren Nachteil. Sie langweilen deinen Leser und sind wenig aussagekräftig. Versuche also 0815-Formulierungen zu vermeiden und überleg dir, wie du es anders sagen könntest. Das braucht zwar vielleicht etwas Denkarbeit, wird deinem Text aber mit Sicherheit gut tun.
Die Dosis macht das Gift
Natürlich ist nicht jedes Substantiv und jede passiv formulierte Aussage eine Schwachstelle im Text. Denn manche Ausdrücke sind einfach nicht zu ersetzen. Basta. Aber immer wiederkehrende Formulierungen sollten deine textlichen Geschmacksnerven auf alle Fälle sensibilisieren.
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